„Nathan der Weise“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Lessing)
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„Nathan der Weise“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Lessing) Übung
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Vervollständige die moralischen Belehrungen, die Lessing durch die Person des weisen Nathan verfolgt.
TippsÜberlege, welche psychischen Seiten der menschlichen Persönlichkeit die Aufklärung hervorhob. Wodurch meinten sie könne sich der Mensch aus seiner Unmündigkeit befreien? Worauf zielten die Aufklärer/-innen ab?
LösungIm Begriff der Aufklärung ist bereits ihr Programm enthalten: Das Wichtigste für die Aufklärer/-innen war, nüchtern, logisch und rational zu denken. Jeder Mensch hat Verstand und Vernunft. Und mit diesen zwei Fähigkeiten sollte der Aberglaube, das vorschnelle Urteilen und Vorurteil, insgesamt der blinde Glaube an gegebene Regeln durchschaut und abgeschwächt werden. Denn das vorschnelle Urteil über Andere, der Aberglaube sowie das blinde Vertrauen in Anführende hatten seit Jahrhunderten immer wieder zu Krieg und Elend geführt. Die Aufklärer/-innen propagierten hingegen Toleranz und Friedfertigkeit.
Jeder Mensch kann demnach durch Erziehung und Lernen die wahren Abläufe der Dinge erkennen und somit selbst ein/-e Erzieher/-in werden. Diese aufklärerischen Prinzipien ziehen sich in der Gestalt und im Handeln von Nathan dem Weisen durch das gesamte Drama Lessings.
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Beschreibe, in welchen drei Schlüsselszenen sich das erzieherische Wirken von Nathan zeigt.
TippsIn den drei Szenen spricht Nathan jeweils mit unterschiedlichen Personen und über unterschiedliche Dinge - welche Dinge sind das? Weshalb und an welcher Stelle in der Erzählung spricht Nathan mit diesen Personen?
LösungNathan verkörpert als weise Person die Moralvorstellungen der Aufklärung. Diese waren: vernunftgesteuertes und verstandesmäßiges Denken gegen Vorurteil und Aberglaube, emotionale Kontrolliertheit, Überwindung von religiösem Dogma, Mitmenschlichkeit und Erziehertum.
Diese Vorstellungen lassen sich in drei wichtigen Schlüsselszenen ablesen:
1. Als Recha abergläubisch von ihrer wundersamen Rettung durch einen Engel redet und glaubt, dass es göttliche Fügung war. Nathan hält ihr vor Augen, dass ihr Überleben ohne das Handeln des Tempelherrn nicht möglich gewesen wäre und sie daher ihm zu danken hätte, was sie aufgrund ihrer Schwärmereien vollkommen vergessen hatte.
2. Als Nathan sich schließlich für Recha beim Tempelherrn bedankt, nimmt er ihn als Menschen und nicht als Christen wahr. Er lässt nicht die Feindschaften vordringen und kann den Tempelherrn mit kühlen Argumenten überzeugen. Damit schafft er es, dass auch der Tempelherr ihn als Menschen wahrnimmt und sogar schlecht über den Religionskrieg spricht.
3. Als Nathan die Ringparabel erzählt, beweist er seinen Verstand, indem er nicht eine Religion höher setzt, sondern für Gleichwertigkeit und Toleranz wirbt. Er schafft es damit, den Sultan zu erziehen und vom Gedanken der Mitmenschlichkeit als höchsten und geteilten Wert der Religionen zu überzeugen.
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Untersuche, welche Bedeutung „Nathan der Weise" hatte und hat und wie das Stück aufgenommen wurde.
TippsDie Rezeption des Dramas hat sich im Laufe der Jahrhunderte verändert - auch was die Häufigkeit an Aufführungen angeht. War es früher beliebter als heute? Was hatten Kritiker/-innen in ihren Zeiten auszusetzen? Vergleiche mit anderen Werken der jeweiligen Zeiten?
LösungDie Einschätzung und Bedeutung gerade von Klassikern hat sich häufig durch die Jahrhunderte hindurch gewandelt. So auch bei Lessings Nathan der Weise.
Lessings Zeit urteilte eher ablehnend, da sie dramaturgische Schwächen sahen - so hatte das Werk wenig äußere Handlung, anders als die Zuschauer/-innen es gewohnt waren. Sein Plan, die Zensur durch ein Theaterstück zu umgehen, ging jedoch auf.
Ein paar Jahrzehnte später kritisierte Schiller, dass das Stück zu kalt, zu rational, zu wenig emotional sei. Außerdem passte es nicht in die Formen der Komödie und der Tragödie, die in der Weimarer Klassik so viel bedeuteten.
Aufgrund der Aktualität des Inhalts änderte sich die Wirkgeschichte des Stücks jedoch. Heute wird es immer wieder aufgeführt, da die Hörigkeit auf Dogmen, die totalen Wahrheitsansprüche der Religionen und Vorurteile und Intoleranz gegenüber Andersgläubigen noch immer tief in unseren Gesellschaften verankert sind. Aufgrund der tief philosophischen Einsichten des Werkes gehört es heute zum klassischen Bildungskanon.
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Stelle der Bildebene der Ringparabel die Sachebene des eigentlich Gemeinten gegenüber.
TippsStelle die Parabel in den Kontext der Erzählung. Auf welche Frage antwortet Nathan mit der Geschichte? Welche Begriffe kann man gleichsetzen? Wie ist die Geschichte zu deuten?
LösungEine Parabel besteht immer aus zwei Seiten. Eine Seite ist dabei die Bildebene, also die in der Parabel präsentierte Geschichte. Eine Parabel ist aber auslegbar und hat eine übertragene Bedeutung. Sie soll nicht wörtlich ausgelegt werden.
Um die Parabel auszulegen, braucht man daher eine Sachebene, auf die man die Elemente der Bildebene übersetzt.
In der Ringparabel sind diese Elemente recht eindeutig und einfach zu finden. Denn Nathan antwortet mit der Parabel auf die Frage des Sultans, welche Religion die richtige sei. Da er von Vater und Sohn erzählt, drängt sich das konventionelle Bild der Gott-Mensch-Beziehung auf. Da es im Kontext der Kreuzzüge außerdem um Konflikte zwischen den drei monotheistischen Religionen Christentum, Islam und Judentum geht, müssen die drei Ringe dafür stehen.
Der Richter, der entscheiden soll, welcher der drei Ringe der wahre ist (was auf den Absolutheitsanspruch der Religionen hinweist), ist in derselben Situation wie Nathan. Er kann keine entscheidende Antwort geben, da die Religionen vom selben Schöpfer stammen und das selbe Ziel haben: Alle Menschen sollen „angenehm vor dem Herrn" sein.
Damit verdeutlicht die Parabel: Es kommt nicht darauf an, welcher Religion man angehört, sondern wie man gegenüber Gott und seinen Mitmenschen handelt. Toleranz und Mitmenschlichkeit sind also die entscheidenden Punkte.
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Vervollständige die von Kant verfassten, wichtigen Aussprüche der Aufklärung.
TippsWorum geht es in der Aufklärung? Welches menschliche Instrument soll man einsetzen, um sich gegen etwas zu wehren?
LösungKant ist einer der großen Philosophen der Aufklärung. Was Aufklärung sein soll, beschrieb er in seiner Schrift „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“. Die Sätze sind in seiner typisch sachlich-nüchternen und präzisen Sprache gehalten und haben in ihrer Bedeutung heute so manche Bibelsentenz abgelöst.
In seiner Schrift beschreibt Kant das Programm der Aufklärung: Verstand hat jede Person. Die meisten sind an ihrer schlechten Situation selbst Schuld, weil sie zu feige sind, ihren Verstand einzusetzen. Denn mit Verstand kann man sich gegen Bevormundung, Herrschaft und Autorität von Anderen wehren.
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Untersuche, wie Lessings Ringparabel dazu dienen kann, Texte aus der Bibel richtig auszulegen.
TippsÜberlege, welche Lesart der Geschichte eine wörtliche Deutung und welche eine übertragene Deutung wäre. Welche betrachtet den sozial-historischen Kontext, und welche übernimmt Forderungen eins zu eins, ohne den Kontext zu betrachten?
LösungDie Auslegung von Heiligen Schriften, sei es der Koran, die Bibel oder die Tora, ist heftig umstritten. Denn Interpretationen können ganz verschieden ausfallen und begründet werden. Das liegt daran, dass diese Schriften häufig stark metaphorische und gleichnishafte Sprache benutzen. Um diese Bilder auf die Realität zu übertragen, ist der/die Leser/-in meist auf sich allein gestellt. Dadurch entstehen sehr unterschiedliche Auslegungen, was zu Uneinigkeit in der Glaubensgemeinschaft führt. Es gibt daher viele Menschen, die auf eine buchstabengetreue, also fundamentalistische und orthodoxe Lesart drängen, um Abspaltungen zu vermeiden.
Dies jedoch will Lessing mit seiner Ringparabel verhindern. Indem er zeigt, wie eine Parabel auf die Wirklichkeit zu übertragen sei, indem man also ein historisches Geschehnis mit seinen einzelnen Elementen in den Kontext einordnet und generalisiert auf seine eigene Zeit überträgt, lassen sich gefährliche Interpretationen verhindern. Denn auch in der Bibel gibt es schlimme Geschichten, die bei buchstäblicher Auslegung zu Mord und Totschlag aufrufen würden.
Bei der Geschichte von den Arbeitern im Weinberg gibt es verschiedene Auslegungen: Eine sozial-historische, eine allegorische etc.. Nur die wörtlichen Auslegungen sind ausgeschlossen, denn sie könnten implizieren: Eine arbeitgebende Person darf ihre Arbeiter/-innen ausbeuten; soziale Zustände (wie z. B. Lohnhöhe) lassen sich auf heute übertragen; mehr Arbeit wird nicht belohnt; Arbeiter/-innen dürfen sich nicht beschweren etc.. Du siehst: Eine übertragene Bedeutung zu finden ist sehr wichtig.
Quelle: Matthäus-Evangelium 20,1-15.
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